Erst Mietendeckel, dann Corona
Im Februar 2020, kurz nach der Ratifizierung des Mietendeckels, waren die Augen auf Berlin gerichtet. Die Frage war, wie sich das Gesetz auf die Angebotssituation und die Entwicklung der Mieten auswirken würde. Knapp zwei Wochen später, ab März 2020, wurde der Mietwohnungsmarkt in Berlin durch den Ausbruch des Corona-Virus und den folgenden Lockdown unerwartet heruntergefahren. Der Rückgang der Angebotszahlen im Mietwohnungsmarkt wurde nun von beiden Ereignissen, Mietendeckel und Corona, getrieben. Zum reduzierten Angebot durch den Mietendeckel kam das de-facto Verbot von Wohnungsbesichtigungen, was wiederum zu einer weiteren Reduzierung der Neu-Insertionen führte.
Mit der Normalisierung des Wohnungsmarktes nach Aufhebung der Kontaktbeschränkungen, lassen sich nun erstmals wieder Daten gewinnen, die zumindest eine Tendenz zeigen. Wir untersuchen dafür quantitativ die Insertionen der Börsen Immoscout, Immowelt und Immonet und ermitteln die Anzahl der Inserate pro Kalenderwoche sowie die sich aus den Inseraten ergebende Median-Miete. Zur Vergleichbarkeit erweitern wir den Betrachtungshorizont auf 2019.
Insertionen ab Mietendeckel in KW 9 stark gefallen
Das erste Quartal 2020 zeigt bereits früh beginnende Erosionserscheinungen auf der Angebotsseite. Nach einem für den Jahreswechsel normalen Angebotspeak, sinken die Wohnungsangebote schnell auf ein ungewöhnlich niedriges Niveau ab. In Kalenderwoche 9, direkt nach Einführung des Mietendeckels aber noch vor dem Ausbruch der Pandemie in Deutschland, fallen die Neuinsertionen um über 40 Prozent auf rund 670 Angebote im gesamten Stadtgebiet ab. Ab Kalenderwoche 12 setzt ein zusätzlicher Corona-Effekt ein. Mit dem sich abzeichnenden Lockdown in Kalenderwoche 12 und dem Kontaktstopp in Kalenderwoche 13 erreichen die Insertionen ein Rekord-Tief. Ab Kalenderwoche 19 steigen die Neu-Insertionen wieder an, bleiben aber unter dem Vorjahres-Niveau.
Entzieht der Mietendeckel dem Mietmarkt Wohnungen?
Während Bestandsmietverträge eine Toleranzgrenze von 20 Prozent auf die Tabelle genießen, fallen Neuvermietungen auf die Tabellenwerte nach Mietendeckel zurück. Eigentümer wägen daher die Wiedervermietung gegen einen Verkauf zu derzeit sehr hohen Kaufpreisen ab. Auch die legale Praxis, Neuvermietungen nach BGB zu den Bedingungen der Mietpreisbremse und Mietspiegel vorzunehmen, aber bis zu einer Entscheidung durch das BVG oder bis Auslauf des Gesetzes in 2005 nur die Mietendeckelmiete zu fordern, ist mit Risiken behaftet.
Stellt man Kaufinsertionen den Mietinsertionen entgegen, ist bislang kein Anstieg der Kaufinsertionen auf Kosten der Mietinsertionen nachweisbar. Allerdings verlaufen die Kaufangebote im Gegensatz zu den Mietangeboten stabil.
Wie verhalten sich die Quadratmetermieten?
Die inserierten Neuvertragsmieten liegen aktuell bei durchschnittlich rund 13,55 EUR/m². Dies entspricht einer Preisveränderung zum Vorjahreszeitraum um etwa 11,50 %. Damit setzt sich die Beruhigung in der Mietentwicklung fort. Seit Jahresbeginn 2020 ist die Entwicklung eingefroren. Verhältnismäßig wenig Veränderung gibt es in den Preissegmenten. Unter Druck steht tendenziell die Preislage von 11 bis 14 Euro.
| Zeitraum | Bestand Median Angebotspreis | Index (Basis 10 Jahre = 100) | Neubau Median Angebotspreis | Index (Basis 10 Jahre = 100) |
|---|---|---|---|---|
| Aktuelles Quartal | 13,55 EUR/m² | - | 28,05 EUR/m² | - |
| 1 Jahr | 12,15 EUR/m² | 11,50 % | 23,10 EUR/m² | 21,40 % |
| 3 Jahre | 10,85 EUR/m² | 24,80 % | 18,60 EUR/m² | 50,80 % |
| 5 Jahre | 10,95 EUR/m² | 23,40 % | 15,65 EUR/m² | 79,30 % |
Große Bandbreite an Angebotsmieten
Der Mietendeckel ist seit 23. Februar 2020 Jahres in Kraft und gilt rückwirkend zum 18.6.2019. Seit Juni 2019 haben sich die Angebotsmieten in den Bezirken sehr unterschiedlich entwickelt. Eine einheitliche Tendenz über ganz Berlin ist nicht ablesbar.