Ein kurzer Blick auf die Metropolen Europas. Teil 1: Rom

Der Philosoph Kierkegaard hat einmal gesagt “Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.” Wir tun es trotzdem und beginnen heute eine kleine Reihe von Metropolenvergleichen. 

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Rom

Nun, es kommt dabei sicher auch ein wenig darauf an, wie gut man aus einem Vergleich herauskommt. Und deswegen schlagen wir den Rat aus und vergleichen Berlin als Metropole und Markt mit anderen Städten in der EU. Die Frage, was Berlin von Rom unterscheidet, kann am Ende nur über Unterschiede beantwortet werden. Dass wir mit dieser Sicht der Dinge nicht alleine stehen, lässt sich auch daran bemessen, dass Berlin nicht erst seit kurzem von wirklich vielen Menschen anderer Metropolen besucht, bevölkert und geliebt wird. 

Jede Stadt hat ihre eigene Magie. Wer verliebt sich nicht auf Anhieb in Paris, schon nach wenigen Stunden oder Minuten? Wer ist nicht fasziniert von Roms Jahrtausende alter Geschichte, die sich heute noch in jedem Winkel atmen lässt? Die Wiener Lebensart, die Schönheit Lissabons, die Energie Madrids. Das alles geht den Berlinern ein wenig ab, und trotzdem lieben die Menschen die deutsche Hauptstadt. Könnte der Grund dafür sein, dass Berlin durch die Pariser, Wiener, Madrilenos, Römer und anderen Neu-Berlinern immer ein wenig von dem abbekommt, was hier nicht in der Wiege lag? 

Möglicherweise sind es aber vor allen Dingen die Möglichkeiten, die sich aus der Chancengleichheit in Berlin ergeben. Für tausende junge Menschen ist die Berliner Wissenslandschaft, sind hunderte Studiengänge und viele tausend Arbeitsplätze am Ende vielleicht wichtiger als die Schönheit der eigenen Heimat. 

Aus “weichen” Faktoren werden schnell auch sehr harte. Wirtschaftliche Zwänge, diffizile Arbeitsmärkte, sehr hohe Mieten (ja, im Vergleich ist Berlin günstig) und wenig Aussichten zuhause machen es oft einfach, sich für die Wahlheimat Berlin zu entscheiden.

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Europa kämpft mit Problemen in der Geldpolitik

Der Ukraine-Krieg lässt die Preise für Energie und Lebensmittel explodieren und die Inflation steigt auf ein neues Rekordhoch von aktuell rund 8 %. Im Zuge dessen straffen Zentralbanken ihre Geldpolitik. Kein Wunder, reagiert die EZB eher zögerlich, denn die hohe Staatsverschuldung einiger Länder im Euro-Raum macht eine differenzierte Betrachtung notwendig. Besonders für Italien, mit einer Verschuldung von 150% des Bruttoinlandsproduktes, bedeutet eine Zinsanhebung eine schwere Belastung. Im Vergleich ist Deutschland nur zu 69,3% des BIP (Stand 2021) verschuldet. Italien ist nicht der einzige Problemfall in der EU. Auch Portugal, Spanien, Belgien und Frankreich liegen über dem EU-Durchschnitt von 87,6 Prozent der Staatsverschuldung. Generell werden die Richtlinien des Maastrichter Vertrages mit einer verbindlichen Verschuldungsgrenze von 60% nur von 6 der 17 Euroländer eingehalten.

Jeder Privathaushalt weiß, dass mit einer hohen Verschuldung auch die Höhe des jährlichen Schuldendienstes wächst. In Sachen Staatsverschuldung führt Italien das Ranking mit 3,5% des BIP an, das jährlich für Zinszahlungen aufgewendet wird. 

Dass Deutschland nur etwa 0,6% seines BIP für Zinszahlungen aufbringen muss, zeigt, wie skeptisch unsere europäischen Nachbarn die Rufe der Deutschen nach höheren Zinsen zum Schutz des Ersparten beobachten. Und mit der ersten Erhöhung des Leitzinses nach vielen Jahren auf 0,5 Prozent, werden die Rufe auch in Deutschland leiser.

Gerade hochverschuldete Länder sind von einem Zinsanstieg besonders betroffen. Zu beachten ist insbesondere, wie lange die Staatsschulden der Länder strukturiert sind. Bei einer langfristigen Verschuldung machen steigende Zinsen wenige bis keine Probleme, da erstmal keine Schulden aufgenommen werden. Hingegen sind Länder, die einen kurzfristigen Refinanzierungsbedarf haben, von den steigenden Zinsen direkt betroffen. Das sind gleichzeitig die Länder mit den größten Defiziten und Problemen in der Wirtschaft.

Einen hohen Anteil an der 150-Prozent-Verschuldung von Italien machen eben diese kurzfristigen Staatsschulden aus. 13% muss Italien jedes Jahr refinanzieren. Portugal ist beim Refinanzierungsbedarf mit rund 16% Spitzenreiter. 

Aber auch Deutschland macht Zinsanstiege zu schaffen. So würde ein Anstieg der Zinsen um ein Prozent den derzeitigen Schuldendienst von 4 Milliarden, durch einen hohen Anteil an kurzfristigen Verbindlichkeiten, auf 13 Milliarden steigen lassen. 

Aber wie wirkt sich das auf den Berliner Immobilienmarkt und andere Metropolen aus? 

Um eine Einschätzung des lokalen Immobilienmarktes zu geben, muss natürlich mehr als nur die Zinspolitik betrachtet werden. Wichtige Faktoren, die eine Rolle spielen, sind unter anderem die Bevölkerungsentwicklung, die Entwicklungen im Wohn- und Eigentumsmarkt, die Qualität und Größe der Bildungswelt vor Ort und die wirtschaftliche Situation.

Die ewige Stadt

Rom ist die Hauptstadt Italiens und die größte Stadt des Landes. Mit einer Gesamtfläche von 1.285 Quadratkilometern ist Rom rund 50% größer als Berlin. 

Die Bevölkerung Roms wird auf etwas über 2.8 Millionen geschätzt, was die ewige Stadt zur dritt bevölkerungsreichsten Metropole der Europäischen Union macht. 

Die Mehrheit der Bevölkerung ist italienisch, rund 9,5 Prozent sind nicht-italienischer Herkunft. Der größte Teil der zugewanderten Bevölkerung ist europäisch, darunter vor allem Rumänen, Ukrainer und Polen. Sie machen 4,8 % der Bevölkerung der Stadt aus. Die anderen 4,8 % sind nicht-europäischer Herkunft, wobei Chinesen, Filipinos, Peruaner und Bangladescher die größten Gruppen bilden.

In die letzten sechs Jahren hat die Einwohnerzahl zugenommen: von etwa 2,6 Millionen im Jahr 2012 auf rund 2,8 Millionen im Jahr 2020. Im Jahr 2021 ist die Einwohnerzahl leicht gesunken und tendiert derzeit um die 2,78 Millionen. Dies ist besonders auf Corona zurückzuführen, die Rom und ganz Italien besonders stark getroffen hat.

Die ewige Stadt liegt ungefähr im Zentrum der Region Latium, in der Nähe zur Mündung des Tiber, der auch als `weißer Fluss' bezeichnet wird. Rom zählt außerdem mit der Altstadt und der Vatikanstadt seit 1980 zum Weltkulturerbe.

Die Stadt kann in zwei Bereiche unterteilt werden. Da ist zum einen die teure Innenstadt, die sich innerhalb der Aurelianischen Mauer befindet. Außerhalb der Mauer breiten sich die äußere Stadt und zahlreiche Vororte aus. Insgesamt werden vier Bezirke unterschieden, die wiederum in 15 Stadtteile unterteilt sind.

Das historische Zentrum besteht aus dem Gebiet, das sich fast vollständig am östlichen Ufer des Tiber befindet. Wie der Name vermuten lässt, lassen sich hier die meisten Baudenkmäler und Sehenswürdigkeiten finden. Der Tiber wird mit 22 Brücken überquert. 

Die Infrastruktur Roms spiegelt die lange Geschichte der Stadt wider. Dadurch decken sich viele moderne Straßen noch mit antiken Konstruktionen. Besonders in der Altstadt entsteht dadurch ein komplizierter und unplanmäßiger Grundriss. Problematisch für diese Struktur ist die Bevölkerungsdichte.Die antiken Straßen wurden nicht für Millionen von Menschen gebaut, weshalb es besonders in der Altstadt oft zu chaotischen Verkehrsverhältnissen kommt. Mittelpunkt der Stadt ist heute die Piazza Venezia, die zentral zwischen dem Vatikan und dem Hauptbahnhof liegt. 

Besonders im Vergleich zu Berlin ist die Infrastruktur nur dürftig ausgebaut. Es gibt insgesamt drei U-Bahn-Linien in Rom (A-C), wobei die Linie C sich noch im Bau befindet und daher nur eingeschränkt bis gar nicht benutzt werden kann. Dafür hat Rom ein sehr gut ausgebautes Busliniennetz, das Touristen zu allen Sehenswürdigkeiten, auch abseits der Stadt, bringt.

Römische Universitäten

Der römische Immobilienmarkt bietet viele Studentenunterkünfte, statistisch ist Italien das fünft beliebteste Erasmus-Zielland. Internationale Studierende sind eine der größten Zielgruppen am Mietmarkt. 

Italien zählt viele renommierte Universitäten, die internationale Studenten aus aller Welt anziehen. Das belegt der Anstieg an englischsprachigen Studiengängen. Im akademischen Jahr 2019/2020 haben diese um ca. 6% zugelegt und sind mittlerweile bei rund 800 angebotenen Kursen. 

Allein das historische Rom hat rund 45 Universitäten, die zusammen 620 Studiengänge anbieten. Neben der größten „La Sapienza“ gibt es noch drei weitere Universitäten, dazu kommen eine Reihe von angesehenen privaten Hochschulen und Päpstliche und Ordenshochschulen des Vatikans. An der `Sapienza` in Rom sind 130.000 Studierende eingeschrieben, mit rund 26.000 internationalen Studenten. In ganz Italien studieren um die 1.8 Millionen Studenten. Mit 330.000 Neueinschreibungen jedes Jahr stagniert diese Zahl beinahe konstant über die Jahre.

Im Gegensatz zu Deutschland verlangen alle Hochschulen in Italien Studiengebühren. Landesweit einheitliche und jährlich zu zahlende Einschreibegebühren und ein spezifischer Beitrag der jeweiligen Bildungsinstitution bilden die Uni Gebühren. Die Einschreibegebühr kann zwischen 750 EUR und 3.000 EUR liegen. An privaten oder fachlich spezialisierten Universitäten kann dieser Betrag auch höher sein. So kann ein Medizinstudium gut 18.000 EUR jährlich kosten.

Rom vs. Berlin

  Rom Berlin
Universitäten ca. 45 ca. 43
UniRank 108: Sapienza Università di Roma 12: Freie Universität Berlin
Bevölkerung ca. 2,8 Millionen ca. 3,7 Millionen
Travel & Tourism Competitiveness Index 2019 5,1 Scorepoints 5,4 Scorepoints
Übernachtungen 2019 ca. 36,6 Millionen ca. 34 Millionen

Römische Wirtschaft

Rom ist das politische und kulturelle Zentrum des Landes und auch der Knotenpunkt des Eisenbahn- und Flugverkehrs. Es gibt zwei Flughäfen, Leonardo da Vinci und Fiumicino. Außerdem ist Rom mit unzähligen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten eine der meistbesuchten Städte der Welt. 

Dies fördert Rom als Medienstandort mit vielen Verlagen und Filmateliers sowie einem Modezentrum von globalem Rang. Auch finden in Rom viele Fachmessen mit internationalem Publikum statt. In Konjunkturprogramme fließen  erhebliche Mittel, die diverse Branchen beleben, wobei der Immobilienmarkt eigentlich immer davon profitiert.  

Vor der Pandemie hatte die Wirtschaft Roms ein durchschnittliches Wachstum von 1,4%, mit einer von der Notenbank prognostizierten Verlangsamung des Trends in den kommenden Jahren. 

Das Nationale Konjunkturprogramm soll die Wirtschaft mit erheblichen Mitteln unterstützen und hat unter anderem auch dazu geführt, dass die Menschen wieder Immobilienkäufe in Betracht ziehen.  

Hinzu kommt eine Erholung in den wichtigsten Branchen der italienischen Wirtschaft: der Tourismus und das Gastgewerbe. Das führte zu einem wachsenden Interesse an privaten Investoren sowie Fonds und institutionellen Anleger weltweit. 

Der durchschnittliche Immobilienpreis variiert wie in Berlin sehr nach Bezirk und Stadtteil. Gerade im historischen Zentrum waren gegen Ende 2021 die höchsten Immobilienpreise der ganzen Stadt zu finden. Eine weitere Gemeinsamkeit: Die Durchschnittspreise in zentralen Lagen sind im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten wie Paris und London sehr attraktiv. 

Für Eigentumswohnungen wurden durchschnittlich 7.300 Euro pro Quadratmeter gezahlt. Das ist doppelt so viel verglichen mit dem Durchschnitt für Eigentumswohnungen in allen anderen Stadtteilen. 

In der zweiten Jahreshälfte 2021 hat sich eine anhaltende Nachfrage am Immobilienmarkt in der italienischen Hauptstadt eingestellt. Die beliebten Objekte in den zentralen Stadtteilen sind vorzugsweise renovierte Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen. Die Preise reichen von rund 5.000 Euro bis zu rund 9.000 Euro pro Quadratmeter. Die internationale Suche nach Investments nimmt in diesen historischen Stadtvierteln besonders zu und macht ungefähr 10 Prozent der Transaktionen aus. Besonders aktiv sind Käufer aus den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Frankreich.

Bestehende Grünflächen, größere Innen- und Außenräume und die Möglichkeit, sich ohne ÖPNV leicht bewegen zu können, sind vorherrschende Aspekte für die Käufer. 

In den Stadtteilen Trieste-Salario, Prati-Vatikan und Parioli, die alle nahe am Tiber liegen, steigen die Quadratmeterpreise für renovierte Wohnungen oder Neubau derzeit auf rund 7.100 Euro, während das untere Ende sanierungsbedürftige Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von rund 4.200 Euro bilden.

Berlin hat einen anderen Weg gewählt

Rom und Berlin, zwei Städte, die sich in vielen Punkten ähnlich sind. Die ewige Stadt glänzt besonders durch die lange Geschichte und Unmengen an Sehenswürdigkeiten, der italienischen Küche und dem warmen Klima. Auch wenn die römische Wirtschaft in vielen Branchen tätig ist, liegt der Schwerpunkt wohl eindeutig auf dem Tourismus und Gastgewerbe.

Berlin ist im Begriff, der führende Innovations- und Hightech Standort Europas zu werden und die Start-up-Szene sucht ihresgleichen in Europa. Schon seit 2005 wächst die Wirtschaft in Berlin stärker als in jedem anderen Bundesland. Besondere Faktoren sind die stark ausgebaute Infrastruktur, die qualitativ hochwertigen Universitäten und Forschungseinrichtungen und eine hohe Verfügbarkeit von Experten und Fachkräften. Eine neu erwachte Gründerzeit hat die wirtschaftliche Struktur verändert und den Schwerpunkt weg von der Industrie und hin zu internationaler Innovation und Dienstleistung bewegt. Schaut man sich dabei das Risikokapital an, das in Start-ups investiert wird, ist Berlin heute bereits die unumstrittene Nummer 1. Und wo Innovation Platz hat, ziehen auch etablierte Unternehmen hin. 

Außerdem wächst die Tourismusbranche stetig weiter. Vor der Pandemie zog es bis zu 14 Millionen Menschen jedes Jahr nach Berlin. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Berliner Bevölkerung. Englisch ist in manchen Kiezen zum Standard geworden. Abendprogramme lassen sich problemlos in Englisch genießen und jede Universität bietet viele Kurse in der englischen Variante an. Einige Studiengänge werden nur auf Englisch angeboten. 

Übernachtungen in Berlin, die der Arbeit verschuldet sind, sind von der CityTax befreit. Dies macht es zum einen für Unternehmen attraktiver, internationale Angestellte in Berlin unterzubringen.  Zugleich sind private Übernachtungen eine wichtige Einnahmequelle für das Land Berlin. 

Ist das Leben in Berlin billig?

Die Lebensunterhaltskosten in Berlin sind im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen gering. So sind die Lebensunterhaltskosten hier fast 25% niedriger als in Paris. Ähnliches lässt sich vom Berliner Immobilienmarkt sagen. Die Preise vor Ort sind trotz der langen und kontinuierlichen Wachstumsphase im Vergleich zu Paris oder Rom niedrig. Und trotz der Verunsicherung am Markt durch geopolitische Krisen, Zinserhöhungen und Inflation, ist ein Ende der Nachfrage nach Immobilien in Berlin nicht absehbar. 

Lesen Sie demnächst im Metropolenvergleich: Paris 

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