Großsiedlungen in Berlin: Brennpunkt oder Chance?

Großsiedlungen sind wieder gefragt. Erleben die Hochhaussiedlungen eine Renaissance? Immobilienverband warnt vor sozialer Polarisierung in Berlin.

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Der IVD warnt vor der Entstehung neuer soziale Brennpunkte in Berlin durch den Bau von Großsiedlungen. Besser sei die kleinteilige Nachverdichtung durch Lückenschließung, Dachgeschossausbau oder Aufstockung. Weil seit Kurzem auch wieder ein Wanderungsüberschuss von Berlin ins Umland zu beobachten sei, fordert der Verband den weiteren Ausbau der Verkehrsanbindungen. Dies betreffe Straßen und den öffentlichen Personennahverkehr. Auch die Eigentumsbildung solle stärker gefördert werden, beispielsweise durch den Erlass der Grunderwerbssteuer, wenn eine Immobilie zum Zwecke der Selbstnutzung erworben wird. Dies könne vor allem junge Familien entlasten und zum Kauf einer Immobilie anregen. Im Mietrecht fordert der Verband zudem, Restriktionen, die das Investieren in Neubauten verhinderten, unbedingt zu unterlassen. "Die Politik muss dringend einen Weg vom Verbieten hin zum Ermöglichen finden", so der IVD.

Großsiedlungen müssen aber nicht automatisch zu sozialen Brennpunkten mutieren. Dass junge Familien in Zeiten eines immer knapper werdenden Wohnungsangebotes auch Großsiedlungen als Alternative zum Wohnen im Szeneviertel akzeptieren, ist nichts Schlechtes. Schließlich gibt es auch den umgekehrten Weg: Statt Ghettoisierung kann durch den Zuzug neuer Bewohner die vorhandene Struktur erheblich verbessert werden. Höhere Einkünfte, weniger bildungsferne Schichten und ein höherer Anteil von Bewohnern mit unterschiedlichen Beschäftigungen sorgen für eine ausgeglichene städtische Mischung. Dass die Großsiedlungen zurück sind, wird nicht nur in Berlin vermerkt. In fast allen Großstädten sinkt die Leerstandsrate in den Hochhausvierteln rapide. Die Mieter müssen nicht mehr wie früher mit Werbeaktionen und mietfreier Zeit gelockt werden. Sie kommen ganz von selbst.

Mit den neuen Mietern findet Imagewandel der Quartiere statt. Gleichzeitig ist der Vermietungsprozess weniger stressreich und noch gibt es auf eine Wohnung nicht gleich hunderte von Bewerbern, sondern allenfalls ein paar. Und den Betreiber der Quartiere gelingt es, über eigene Portale Mietinteressenten an den Börsen vorbei und im direkten Kontakt in eine passende Mietwohnung zu bekommen. Das Schlangestehen bis auf die Straße, wie es in den Szenequartieren fast schon üblich ist, gibt es hier nicht. In Berlin, wo nach den letzten, noch unvollständigen Zahlen, in 2016 mindesten 48.000 Einwohner neu hinzugezogen sind, sank die Leerstandsquote in den etwa 700.000 öffentlichen und Genossenschaftswohnungen dem BBU (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen mitteilt) zufolge auf 2 Prozent.

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