Berliner Gruselgeschichten

In Tempelhof-Schöneberg hat das Bezirksamt einen Antrag der BVV zurückgewiesen. Trotzdem hat der Fall einen gewissen Unterhaltungswert. 

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Eine gruselige Lücke in § 172?

§ 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB regelt, dass eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im Milieuschutz dann zu erteilen ist, wenn sich teilende Hauseigentümerinnen und Eigentümer verpflichten, innerhalb von sieben Jahren nur an die Mieter zu verkaufen. Einige Bezirksverordnete in Tempelhof-Schöneberg waren aber offensichtlich um den Schlaf gebracht, weil sie des Nächtens Heimsuchungen von Proforma-Mieter hatten. Bei diesen Erscheinungen handelt es sich unbelegten Berichten zufolge um kaufinteressierte Gauner, die die Ziele des Milieuschutzes umgehen wollen, indem sie als Mieter verkleidet in frei werdende Wohnungen einziehen um diese dann mit eiskalter Hand über das Vorkaufsrecht einfach wegzukaufen!

Guter oder schlechter Mieter?

Wie wir aus C-Kategorie Horror-Streifen wissen, schleicht sich das Böse meist auf leisen Sohlen heran, um dann schnell, überraschend und ohne Gnade zuzuschlagen. Wie aber erkennt man, ob ein Mieter gut ist (will nie, nie, nie kaufen) oder schlecht (will in die eigenen vier Wände)?

Den Weihwasser-Test bestehen nur jene Mieter, die schon vor Einführung des Milieuschutzes in der Wohnung waren.

Wie aber herausfinden, ob ein erst später eingezogener Mieter ein regulärer (schützenswerter) Mieter ist, oder ein Wolf im Schafspelz (will Eigentümer werden)?

Mindesten dazu gehört, "der Abschluss eines Mietvertrags, die ordnungsgemäße Meldung sowie die reale Zahlung von Miete". Weil das eine Finte sein könnte, muss die Frage geklärt werden, ob ein Mieter bereits vom zu schützenden Milieu assimiliert wurde. Hier hilft, so der Bezirk, das Gesetz nicht mehr weiter, da es in der Kommentierung und Rechtsprechung keine eindeutigen Aussagen gibt. Macht aber nichts, denn in Tempelhof-Schöneberg (und einigen anderen Berliner Bezirken) weiß man sich zu helfen: Nach sechs Monaten ist die Seelenreinigung dort abgeschlossen. In anderen Bezirken kann es auch bis zu einem Jahr dauern. Wer solange als Mieter in der Wohnung ausharrt, hat das Recht auf Ablass beim Wohnungskauf erworben.

Doch kein Exorzismus...

Die Erscheinung des Gespenstes scheint auch den Zahlen zufolge noch nicht von einem Vorboten des jüngsten Gerichts zu zeugen. Denn wie der Bezirk herausgefunden hat, sind seit Einführung der Umwandlungsverordnung nur 20 Wohnungen an die jeweiligen Mieter verkauft worden, von denen 14 schon vor der erteilten Genehmigung dort gewohnt haben. 5 Mieter zogen allerdings - sehr verdächtig - erst später ein. Laut BVV liegt ihr Anteil im Verhältnis zu den umgewandelten Wohnungen bei ca. 0,002%. Das hört sich wenig an, entspricht aber 0,02 Promille oder sogar 2,×10 hoch 7 Parts per trillion [ppt]. Da muss doch einer was gegen unternehmen...! 

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