Herausforderungen auf dem Berliner Immobilienmarkt

Berlin befindet sich in einer Phase der Transformation. Im 18. Jahrhundert wuchs die Stadt erstmals über die Marke von 100.000 Bewohnern hinaus. Der zweite große Bevölkerungsschub setzte mit Beginn der Industrialisierung und einhergehendem Wirtschaftsaufschwung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. In der Hoffnung auf ein besseres Leben und auf die Verheißungen der Großstadt zogen die Menschen von überall nach Berlin, bis die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts zur Millionenstadt heranwuchs und die Bevölkerung im Jahr 1939 auf 4,32 Millionen Menschen anschwoll. Etwa 80 Jahre später, steht die Stadt vor neuen Herausforderungen. Wieder wird die Transformation durch Zuwanderung, Wohnraummangel und Verdichtung erzwungen. Die Wohnungspreise in Berlin steigen und steigen.

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Bevölkerungsentwicklung in Berlin 1825 - 2030 (Prognose)

In Berlin leben, Stand 2016, etwa 3.550.000 Menschen Menschen aus 128 Nationen auf einer Fläche von ca. 890 km². Im Durchschnitt ist der Berliner 42,94 Jahre alt. Es gibt mehr Frauen als Männer.

Um Wohnungen für 400.000 Menschen zu bauen, wird Fläche benötigt.

Es ist abzusehen, dass die städtebauliche Verdichtung in der jetzigen Form an ihre Grenzen stoßen wird. Um die für den Wohnungsbau benötigten Flächen effektiver zu identifizieren, zu clustern und verfügbar zu machen, hat der Senat das sogenannte Wohnflächeninformationssystem geschaffen, mit welchem die Berliner Verwaltung bereits arbeitet. In Berlin stehen etwa 1.300 Standorte mit dem Potenzial für 150.000 Wohnungen zur Verfügung. Auf weiteren 10 Groß-Standorten könnten bis zu 50.000 Wohnungen entstehen. Um diese Flächen für den Wohnungsbau zu ertüchtigen, müssen in großem Umfang Flächennutzungspläne geändert werden.

Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz soll Handlungsspielraum erhöhen

Das Anfang 2016 beschlossene Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz ist ein wichtiger Baustein in der Wohnungsbaupolitik des Berliner Senats. Das neue Gesetz übersteuert mehrere, teils über 100 Jahre alte Verordnungen und Gesetze des Landes Berlin. Unter anderem werden die Bearbeitungsprozesse in den für Grünflächen und Denkmalschutz zuständigen Behörden, die in vielen Projekten einen Flaschenhals darstellen und zu langen Verzögerungen führen, überarbeitet. Das Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz beeinflusst, bzw. nimmt Änderungen vor, am Berliner Friedhofsgesetz, dem Denkmalschutzgesetz, dem Landeswaldgesetz, der Baumschutzverordnung und der komplexen Berliner Bauverfahrensverordnung. Unberührt bleiben die Gesetze zur Landschaftspflege und zum Naturschutz.

Wiedereinführung der Wohnungsbauförderung

Seit 2014 fördert das Land Berlin wieder - in begrenztem Maße - den Wohnungsneubau. Mit Beginn der Förderung wurden 2014 etwa 1.200 mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen im Neubau gefördert, 2015 verdoppelte sich die Zahl und für 2016 und 2017 wurde das Programm auf 3.000 Wohnungen erweitert. Angesichts des weitaus größeren Bedarfes von 20.000 bis 25.000 Wohnungen pro Jahr, stellt sich die Frage, ob die Förderung unterdimensioniert ist.

Viele Projekte werden genehmigt und liegen dann auf Eis

Derzeit wachsen in Berlin sowohl die Genehmigung-Zahlen, wie auch die Fertigstellungen. In 2015 wurden 22.500 Bauanträge genehmigt. Damit ist es der Stadt gelungen, die Zahlen von 2010 zu vervierfachen. Gleichzeitig wurden im gleichen Zeitraum aber nur etwa 12.500 Wohnungen fertiggestellt. Im Umkehrschluss heißt das, dass etwa 10.000 Wohnungen pro Jahr genehmigt aber nicht gebaut werden. Viele Genehmigungen verschwinden in Schubladen. In Senatskreisen wird überlegt, ob einer Spekulation mit beplanten und genehmigten Grundstücken durch eine Anhebung der Grundsteuer entgegengetreten werden kann.

Preisliche Faktoren und knappes Angebot an Baugrund

Neben dem demographischen Wandel wird der Wohnungsmarkt in Berlin von stark gestiegenen Preisen für Baugrundstücke beeinflusst. In Erwartung weiter anziehender Grundstückspreise haben sich viele Eigentümer 2016 mit Verkaufsabsichten zurückgehalten. Gleichzeitig hält der Markt für Finanzanlagen derzeit nur wenig Alternativen zum Immobilienbesitz bereit. In Kombination mit der anhaltenden Niedrigzinsphase drückt dies auf die Motivation für den Verkauf von Grundstücken in Berlin. Zusammengenommen führen diese Faktoren dazu, dass ein Wohnungsverkauf in Berlin derzeit von stark steigenden Preisen begleitet wird.

Steigende Baukosten und verschärfte Energiesparvorgaben, zunehmende Regulierung des Berliner Wohnungsmarktes

Bauen ist in Berlin 2016 deutlich teurer geworden. Neben dem allgemeinen Anstieg der Baukosten in Berlin, sorgen vor allem neue energetische Verordnungen und die vom Berliner Senat verabschiedete Novellierung der Bauordnung für einen weiteren Preisauftrieb.

Renditedruck im Berliner Wohnungsbau

Eine Kombination aus steigenden Grundstückspreisen, Überregulierung und unnötigen Energiesparvorgaben steht derzeit dem Wohnungsneubau im Weg. Immer höhere und neue staatliche Planungs-, Prüf- und Ausführungsauflagen führen dazu, dass das Bauen immer teurer und die Renditen kleiner werden. Dem BBU zufolge kostete ein Quadratmeter Wohnfläche 2016 in Neubauprojekten von BBU-Mitgliedsunternehmen über EUR 2.600. Diese Kosten können aufgrund hoher Grundstückspreise in zentralen Innenstadtlagen leicht die 3.000-Euro-Marke überschreiten, Finanzierungskosten nicht mitgerechnet. Es wird deutlich, dass die beim Wohnungsverkauf in Berlin erzielten Preise nicht nur im Vergleich zu den Vorjahren betrachtet werden können, sondern auch unter Berücksichtigung der erwähnten Tatsachen.

Fördermaßnahmen für den privaten Wohnungsbau können hier helfen. Denn die Rendite für die Investoren ist umso höher, je preisgünstiger gebaut werden kann. Viele bereits genehmigte Bauprojekte liegen derzeit in Schubladen, ohne realisiert zu werden. Das ist Wohnraum, der dem Wohnungsmarkt schnell zur Verfügung stehen könnte. Bei sinkenden Renditen durch steigende Kosten und Regulierung, müssen Investoren indes auf weiter steigender Quadratmeterpreise in Berlin hoffen, oder auf großzügigere Sonderabschreibungen (Sonder-AfA) als Anreiz.

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