Berlin wächst 2018 um 0,9 Prozent.
Die Zahlen des Amtes für Statistik für 2018 sind veröffentlicht und die Ergebnisse sind interessant. Nicht überall wächst Berlin, einige beliebte Kieze schrumpfen sogar. Insgesamt betrug das Bevölkerungswachstum in Berlin im Vergleich zum Vorjahr 2017 nur knapp 0,9 Prozent. Andere internationale Metropolen weisen derzeit höhere Wachstumszahlen aus und auch Berlin wurde in den vergangenen Jahren mit anderen Größenordnungen konfrontiert, bis hin zum doppelten Zuzug. Dem Amt zufolge handelt es sich beim Bevölkerungsanstieg 2018 um den geringsten Wert seit dem Zensus 2011. Etwa 190.000 Menschen kamen nach Berlin, 151.000 Menschen verließen die Stadt. Der Geburtenüberschuss liegt 2018 bei etwa 4.300 Menschen. Im Saldo wuchs die Berliner Bevölkerung damit um etwa 38.750 Menschen. Darunter laufen 37.000 Personen mit ausländischen Nationalitäten, während bei den Deutschen ein Rückgang der Bevölkerung um etwas mehr als 6.000 Personen feststellbar ist.
Bei Deutschen mehr Fortzüge als Zuzüge.
191.612 Menschen zogen 2018 nach Berlin, darunter 78.871 Deutsche und 112.741 Personen anderer Herkunft. Auf der Fortzugsseite zogen 157.163 Menschen aus Berlin weg, darunter 85.177 Deutsche. Das heißt, es zogen mehr Deutsche fort, als zu. Das Chart zeigt die Verteilung nach Nationalität bezogen auf die Top 10 der Zuzüge.
Türkische und polnische Community am größten.
Werfen wir einen Blick auf die Größe der Communities in Berlin nach Nationalitäten. Die größte Bevölkerungsgruppe ist wenig überraschend die der Deutschen. Den Zahlen des Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge, leben, Stand Ende 2018, 2.999.676 Deutsche in Berlin. Derselben Statistik zufolge sind 748.472 ausländische Bürger in Berlin gemeldet. Die Zahl sagt nichts über die Anzahl der Berliner mit Migrationshintergrund aus, den viele der etwa drei Millionen Menschen mit deutschen Pässen haben. Unter den Bürgern mit ausländischen Staatsbürgerschaften führt der Personenkreis mit türkischer Nationalität mit 98.500 Personen die Liste an, gefolgt von 58.020 Polen, 36.225 syrischen Staatsbürgern und 30.850 Italienern. Ab Rang 10 rücken die Nationalitäten zahlenmäßig zusammen: Etwa 25.000 Russen , 23.300 Rumänen, 21.500 Amerikanern, 20.300 Franzosen, knapp 17.900 Vietnamesen, gefolgt von Engländern und Spaniern. Von den 194 gelisteten Nationalitäten sind Menschen aus St. Vincent und die Grenadinen und Papua-Neuguinea am Ende der Skala, mit jeweils 3 gemeldeten Bürgern. Wir haben Personen mit deutscher Nationalität im folgenden ausgeblendet, um das Verhältnis unter den anderen Nationalitäten besser sichtbar zu machen.
Einwohner mit Migrationshintergrund
Die Analysen nach Nationalität der Einwohner und nach Migrationshintergrund ergeben unterschiedliche Bilder. Der Vollständigkeit halber zeigen wir an dieser Stelle auch die Einwohner mit Migrationshintergrund in Berlin. Bei dieser Betrachtung werden nicht nur Einwohner nach Nationalitäten erfasst, sondern auch eingebürgerte Einwohner mit Migrationshintergrund. Am Beispiel der türkischen Community findet fast eine Verdoppelung der Personen im Vergleich zur Betrachtung nach Nationalität statt, ebenso bei polnischen Bürgern.
Migration nach Nationalität
Das Wohnideal der Berliner der 1990er Jahre in suburbanen Zonen ist einem anhaltenden Urbanisierungstrend gewichen. In anderen deutschen Großstädten und Metropolregionen wie Frankfurt, Hamburg und München ist die Situation ähnlich. Neben attraktiven Arbeitsplätzen, zieht auch die kulturelle Angebotsvielfalt die Menschen in die Großstädte. Für eine junge und hochqualifizierte "Creative Class” sind die Voraussetzungen in den Städten ebenso attraktiv, wie für für internationale Zuzügler, die in den sehr gut vernetzten Communities einen Anker finden. Die Migrationswelle aus Krisengebieten, die Berlin über Jahre beschäftigt und zusätzlichen Druck auf dem Wohnungsmarkt ausgeübt hat, ist fast vollständig abgeebbt. Wir zeigen im folgenden Chart, wie sich die Zuzüge quantitativ verteilen.
Die Zuzüge nach Nationalitäten 2018
Bei der größten Zuzugsgruppe handelte es sich 2018 um Polen, mit etwa 7.100 Personen, gefolgt von ca. 6.700 Rumänen, etwa 5.700 Bulgaren, fast 5.000 US-Amerikanern und 4.650 Italienern. Aus dem Speckgürtel zogen insgesamt etwa 19.200 Menschen nach Berlin, in umgekehrter Richtung betrugen die Fortzüge ca. 31.500 Personen. Die Zuzugszahlen divergieren, wenn man die Betrachtungsweise von der Staatsangehörigkeit auf das Herkunftsland ändert. Ein Beispiel: Aus den USA zogen 2018 5.583 Personen nach Berlin aber nur 4.904 Personen davon waren amerikanische Staatsbürger; die übrigen Personen kamen aus den USA, hatten aber andere Nationalitäten.
Zuzüge und Wachstum nach Bezirken
Die Betrachtung der Berliner Altbezirke zeigt größere Unterschiede bezüglich der Zuzugssalden. Die prozentuale Steigerung fällt in Köpenick mit 2,09 Prozent am höchsten aus und in Neukölln mit 0,29 Prozent am niedrigsten. In absoluten Zahlen ist das Wachstum im Saldo in Lichtenberg am höchsten. Tiergarten ist mit einem Plus von 178 Personen am wenigsten stark gewachsen. In den Innenstadtbezirken ist das Wachstum in 2018 gering ausgefallen. Neukölln gewinnt im Saldo knapp unter 1.000 Personen hinzu, auch Kreuzberg liegt in diesem Bereich. Friedrichshain setzt sich mit 1,77 Prozent Wachstum (2.359 Personen) neben Mitte (1,51 Prozent) vom Trend ab. Über die Hälfte der Innenstadtbezirke wächst nur noch unter 1 Prozent.
Bezirk | Saldo 2018 | Bevölkerung 2017 | +/- Prozent 2018 |
---|---|---|---|
Neukölln | 974 | 334876 | 0.29 |
Schöneberg | 528 | 154274 | 0.34 |
Wedding | 788 | 182821 | 0.43 |
Zehlendorf | 595 | 107250 | 0.55 |
Tempelhof | 1199 | 202457 | 0.59 |
Spandau | 1445 | 241794 | 0.60 |
Weißensee | 532 | 88625 | 0.60 |
Kreuzberg | 1097 | 158369 | 0.69 |
Reinickendorf | 1813 | 263157 | 0.69 |
Wilmersdorf | 1136 | 154380 | 0.74 |
Steglitz | 1621 | 207070 | 0.78 |
Marzahn-Hellersdorf | 2160 | 267786 | 0.81 |
Berlin Gesamt | 33289 | 3772994 | 0.88 |
Prenzlauer Berg | 1593 | 166967 | 0.95 |
Charlottenburg | 1980 | 197978 | 1.00 |
Pankow | 1556 | 151849 | 1.02 |
Tiergarten | 178 | 14864 | 1.20 |
Moabit | 1173 | 87133 | 1.35 |
Lichtenberg | 4008 | 287353 | 1.39 |
Mitte | 1575 | 104136 | 1.51 |
Treptow | 2189 | 133436 | 1.64 |
Friedrichshain | 2359 | 133128 | 1.77 |
Köpenick | 2790 | 133291 | 2.09 |
Suburbane Bewegungen
Im suburbanen Kontext ergibt sich ein klares Bild. Im Saldo verliert Berlin 12.251 Personen an die umliegenden Brandenburger Gemeinden. Gemessen an der Gesamtzahl der Berliner Bevölkerung, wirkt die Zahl geringer, als im Verhältnis zu den Fortzügen. 31.445 Personen verließen im Jahr 2018 Berlin in Richtung Brandenburg. Das entspricht 20 Prozent der gesamten Fortzüge. In Berlin scheint es demnach zwei grundsätzliche Tendenzen zu geben. Einerseits Suburbanisierungstendenzen im internationalen Kontext, andererseits Abwanderungstendenzen in den Brandenburger Raum im Kontext der Metropolregion.
Blick auf ein Quartier: Graefekiez
In den vergangenen Jahren wurden eine Reihe von Kiezen mit Gentrifizierung assoziiert. Unter anderen gelten der Graefekiez in Kreuzberg, der Reuterkiez in Kreuzkölln, Rixdorf in Neukölln, der Wrangelkiez in Kreuzberg, der Kaskelkiez in Lichtenberg, der Boxhagenerkiez in Friedrichshain und der Klausenerplatzkiez in Charlottenburg als Gentrifizierungs-Schwerpunkte. Wir betrachten hier den Graefekiez. Weitere Quartiere und Kieze folgen in späteren Beiträgen.
Graefekiez: Internationales Flair bei 72 Prozent Deutschen
Der Graefekiez gehörte bereits zu Beginn der 2000-er Jahre zu den international nachgefragten Quartieren in Berlin. Die Einwohnerzahl zum 31.12.2017 betrug 19.040 Personen. Von 2017 auf 2018 ging die Bevölkerung um 77 Personen zurück. Deutsche mitgerechnet, leben Personen aus 111 Nationalitäten im Graefekiez. 13.730 haben die deutsche Staatsbürgerschaft und stellen 72,11 Prozent der Bevölkerung im Kiez. Knapp unter 6 Prozent der Bevölkerung hat einen türkischen Pass. An Platz 2 ausländischer Nationalitäten steht Italien, gefolgt von Frankreich, den USA, Großbritannien, Bulgarien und Spanien.
Zuzüge Graefekiez 2018
Unter den Zuzügen halten im Graefekiez bei den internationalen Gruppen Italiener Platz 1, gefolgt von Großbritannien, Bulgarien, Frankreich, USA und Spanien. Die türkische Community scheint gefestigt, aber ohne nennenswerte Zuzüge zu sein. Die Betrachtung der Binnenzuzüge nach Nationalität, also der Zuzüge aus anderen Teilen Berlins in den Graefekiez bestätigt dies.
Im Binnenverhältnis mehr Fort- als Zuzüge
Verliert der Graefekiez an Attraktivität? Für 2018 zeigen die Zahlen eine klare Tendenz: Im Wettbewerb mit anderen Kiezen verliert der Graefekiez an Popularität. Das folgende Chart zeigt die Umzüge aus dem Graefekiez heraus und in den Kiez hinein, nur aus Berlin kommend. Im Saldo verliert der Graefekiez 433 Bewohner aller Nationalitäten an andere Kieze.
Wanderungsketten Graefekiez
In unserem Chart für Wanderungsketten zeigen wir ausgehend vom Graefekiez die Folgewanderungen in den Top-Kiezen dar. Die meisten Fortzüge aus dem Graefekiez erfolgen in den reuterkiez, nach Rixdorf, Reichenbergerstraße, Chamissoplatz und in die Urbanstraße. Aus allen Kiezen gibt es Rückwärtsbewegungen in den Graefekiez und Ausweichbewegungen in andere Kieze. Im Reuterkiez, den wir weiter unten untersuchen, ist der Druck am höchsten. In der Wechselbeziehung mit Rixdorf sind mehr Zuzüge in Graefekiez zu beobachten, als in umgekehrter Richtung.
Ein Blick auf die Präferenzen nach Nationalitäten.
Traditionell pflegen bestimmte Nationalitäten Vorlieben für bestimmte Lagen und Quartiere. Unten analysieren wir einige Migrationsbewegungen für Sie auf Bezirksebene.