Funktionslosigkeit des Berliner Baunutzungsplans: Urteil des BVerwG erhöht Entwicklungschancen für Eigentümer

Der Baunutzungsplan Berlins steht vor einem Neubeginn. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) adressiert eine essenzielle Fragestellung im städtischen Entwicklungsprozess. Die Implikationen des Urteils deuten auf erweiterte Entwicklungsmöglichkeiten für Grundstückseigentümer hin.

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Rechtsprechungswende: Neue Perspektiven durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Berliner Baunutzungsplan

Jeder weiß: Berlin braucht mehr Wohnraum und den gibt es nur, wenn verfügbare Flächen besser genutzt werden. Eine große Hürde konnte jetzt beim Bundesverwaltungsgericht genommen werden, das einen Meinungsstreit der Instanzen beigelegt hat. Nach Einschätzung der auf das Immobilienrecht spezialisierten Kanzlei Seldeneck und Partner aus Berlin schafft die Entscheidung erfreuliche Klarheit bei der Frage, wie die Funktionslosigkeit des Berliner Baunutzungsplans festzustellen ist. Das bietet neue Chancen für Genehmigungsverfahren.

Zum Hintergrund: Noch sieht der Baunutzungsplan für große Bereiche des Westteils der Stadt in der höchsten Baustufe (V/3) eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,5 vor. Bereits 2020 hatte der 2. Senat des OVG Berlin-Brandenburg entschieden, dass diese Regelung für bestimmte Bereiche und Grundstücke keine Geltung mehr beanspruchen kann. 

Das hat erhebliche Bedeutung, so Rechtsanwalt Axel Dyroff von der Kanzlei Seldeneck und Partner: „Wenn die Nutzungsmaße obsolet sind, wird ein Bauantrag insoweit nach § 34 BauGB zu prüfen sein und es kommt - nur - noch darauf an, ob sich das Bauvorhaben hinsichtlich des Maßes in die nähere Umgebung einfügt.“ Das kann sich positiv auf Neubauten, aber gerade auch auf Aufstockungen oder Dachgeschossausbauten auswirken.

Diese positive Entwicklung wurde vorübergehend ausgebremst durch ein gegenläufiges Urteil des 10. Senats des OVG aus dem Jahr 2023, wonach die GFZ grundsätzlich nicht funktionslos werden könne, weil dieser Befund für einen „Durchschnittsbürger“ nicht hinreichend „offenkundig“ sein könne. Hier hat das BVerwG nun ein Machtwort gesprochen und klargestellt, dass es nicht auf den Empfängerhorizont eines „Durchschnittsbürgers“, sondern auf eine „durch besondere Fachkenntnisse geprägte Betrachtungsweise“ ankommt. Dies entspricht der Linie des 2. Senats des OVG und legt die Latte für die Feststellung der Funktionslosigkeit erheblich niedriger.

Weiterhin stellt das BVerwG klar, dass es für die Betrachtung nicht nur auf den jeweiligen Baublock ankommt, sondern ein größerer Bereich untersucht werden muss. Auch damit wird die Sichtweise des 2. Senats des OVG gestützt. Jetzt ist noch zu klären, aus welchem Blickwinkel die Funktionslosigkeit für ein konkretes Grundstück festgestellt wird. Insgesamt dürfte insoweit mit der jetzigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das mittelfristige Ende des Baunutzungsplans eingeläutet sein.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema erhalten Sie auf der Webseite der Kanzlei Seldeneck & Partner. 

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