Grundstückskaufvertrag in Deutschland. Teil I: Kompliziert aber sicher

Der Kauf oder Verkauf einer Immobilie in Deutschland ist ein komplexer Vorgang. Eine zentrale Rolle spielt immer der Notar, denn per Handschlag lassen sich hierzulande Immobiliengeschäfte nicht verbindlich abwickeln. Worauf es beim Grundstückskaufvertrag ankommt, erfahren Sie hier. 

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Vom Handschlag über den Vorvertrag: Kein einheitliches Vorgehen in Europa.

Die Gesetze und Gepflogenheiten bei Grundstücksgeschäften sind in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich. Eine mündliche Vereinbarung, besiegelt mit einem Handschlag, gibt es fast nirgendwo mehr. Um eine Immobilie rechtssicher vom Eigentümer auf den Käufer zu übertragen, braucht es fast überall einen Vertrag. Im Nicht-mehr-EU-Land England ist ein einfacher schriftlicher Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer ausreichend. Und in Italien kann bereits der Vorvertrag rechtlich verbindlich sein, obwohl anschließend noch ein förmlicher Kaufvertrag vor einem Notar folgt. Vor diesem Hintergrund gilt der deutsche Grundstückskaufvertrag zwar als komplex, aber gleichzeitig auch als ausgesprochen sicher, was nicht zuletzt daran liegt, dass das Vertragswerk von einer Amtsperson beurkundet werden muss, dem Notar.

Ohne den Notar läuft nichts

Zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Grundstückkaufvertrags ist dessen notarielle Beurkundung. Notare sind Juristen und je nach Bundesland ausschließlich als Notar tätig oder gleichzeitig auch als Anwälte zugelassen. Sie üben im Rahmen ihrer notariellen Tätigkeit hoheitliche Aufgaben aus und genießen ein besonderes Vertrauen im Rechtsverkehr. Die notarielle Beurkundung ist das höchste Formerfordernis im deutschen Rechtssystem. Bei Grundstückskaufverträgen dient sie neben der Beweiserleichterung vor allem dem Schutz vor übereilten Verfügungen über Grundstücke, die ihrer Natur nach einzigartig und nicht vermehrbar sind.

Das Grundbuch: Gedächtnis einer Immobilie

Alle Grundstücke sind in Deutschland in den Grundbüchern erfasst. Die Grundbücher werden jeweils vor Ort von Abteilungen der zuständigen Amtsgerichte geführt. Diese Abteilungen heißen Grundbuchämter. Im Grundbuch wird das Grundstück eindeutig identifiziert. Jedes Grundstück erhält ein Grundbuchblatt. Auf diesem Grundbuchblatt werden sämtliche am Grundstück bestehenden Rechte eingetragen. Diese Eintragungen darf nur das Grundbuchamt vornehmen und nur bei Vorlage notariell beurkundeter Dokumente. Deshalb ist das Grundbuch besonders sicher.

Eine Besonderheit des Grundbuchs: Daten, die einmal in das Grundbuch eingetragen wurden, werden nicht mehr gelöscht. So ergibt sich aus dem Grundbuchblatt grundsätzlich die gesamte Historie der Rechte an dem betroffenen Grundstück. Neben dem Eigentum werden in das Grundbuch nämlich auch noch Sicherungsrechte wie zum Beispiel Hypotheken und Grundschulden sowie Vormerkungen eingetragen. Genauere Informationen zu diesen Grundstücksrechten folgen in weiteren Beiträgen. 

Weil im Grundbuch so viele sensible Informationen gespeichert werden, kann nicht jeder einfach sämtliche Grundbücher einsehen. Vielmehr muss für jedes einzelne Grundbuchblatt ein besonderes Interesse nachgewiesen werden, zum Beispiel durch Kaufverhandlungen mit dem Eigentümer.

Das Grundbuch genießt öffentlichen Glauben, das heißt, wer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, gilt im Rechtsverkehr als Eigentümer, auch wenn er das tatsächlich nicht ist. Deshalb ist es wichtig auf die korrekte Eintragung im Grundbuch zu achten. Umgekehrt erwirbt man das Eigentum an einem Grundstück erst in dem Moment, in dem man im Grundbuch eingetragen wird.

Ein wichtiger Grundsatz des Grundbuchs ist das Prioritätsprinzip. Das Grundbuchamt bearbeitet Anträge streng nach ihrer Eingangsreihenfolge. Dabei gilt: der ältere Eintrag wird zuerst bearbeitet und zuerst in das Grundbuch eingetragen. Anträge werden nach ihrem Eingang vom Grundbuchamt in die elektronische Markentabelle eingetragen und können dort vom Notar eingesehen werden. Der Notar weiß also beim Abschluss des Kaufvertrags, ob möglicherweise noch unbearbeitete Einträge vorliegen, welche die Grundbuchlage ändern könnten.

Eigentumswohnung, Grundstück, Haus. Alles das selbe?

Eigentumswohnungen werden genauso verkauft wie Grundstücke, auch sie bekommen ein eigenes Grundbuchblatt. Auf einige Besonderheiten bei Transaktion mit Eigentumswohnungen geht ein folgender Beitrag ein.

Kaufvertragsgestaltung

Bei Immobilientransaktionen wird häufig mit großen Summen hantiert. Umso wichtiger ist es, dass der Kaufvertrag die korrekte Durchführung garantiert und es am Ende zu keinem Schaden kommen kann. Dabei spielt der Notar eine zentrale Rolle. Er hat nicht nur den Kaufvertrag aufgesetzt, sondern wacht auch über dessen korrekte Durchführung.

Der Kaufvertrag wird so gestaltet, dass das Eigentum am betreffenden Grundstück nur übergeht, wenn der Käufer den Kaufpreis gezahlt und der Verkäufer dies dem Notar bestätigt hat.

Zur Vorbereitung des Kaufvertrags prüft der Notar zunächst das Grundbuch und stellt sicher, dass dort keine unbekannten Belastungen eingetragen sind. Grundsätzlich ist es üblich das Grundstück frei von Lasten zu übergeben. Dafür müssen Löschungsbewilligungen etwaiger Rechteinhaber eingeholt werden, die im Gegenzug ihre dadurch gesicherte Forderung beglichen haben wollen. Zudem prüft der Notar die elektronische Markentabelle, ob noch unbearbeitete Anträge zu dem Grundstück vorliegen, die die Transaktion gefährden könnten.

Für den Käufer lässt der Notar nach Vertragsabschluss und vor der Zahlung eine sogenannte Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eintragen. Die Vormerkung schützt den Käufer ab dem Moment der Eintragung vor einer Verschlechterung der Rechtslage, wie beispielsweise der Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek. Die Vormerkung konserviert den Rechtszustand zum Zeitpunkt der Eintragung. Mit der Vormerkung ist jedoch noch kein Eigentumserwerb verbunden, vielmehr stellt die Vormerkung nur eine Art Reservierung des Grundstücks dar. Dieses Vorgehen ermöglicht, dass keine der beiden Parteien ohne Sicherheit in Vorleistung gehen muss.

Nach Eintragung der Vormerkung wird der Kaufpreis fällig gestellt. Der Käufer zahlt den Kaufpreis an den Verkäufer. Sobald der Verkäufer den Zahlungseingang bestätigt, bewirkt der Notar die Eintragung des Käufers als neuer Eigentümer im Grundbuch. Mit der Eintragung ist die Transaktion abgeschlossen.

Als Alternative kann die Kaufpreiszahlung auch über ein sogenanntes Notaranderkonto erfolgen. Der Käufer überweist dann den Kaufpreis zunächst an den Notar, welcher diesen nach erfolgter Sicherstellung im Grundbuch an den Verkäufer weiterleitet. Notaranderkonten werden allerdings nur in wenigen Ausnahmefällen genutzt, beispielsweise bei der Beteiligung mehrer Banken an der Finanzierung oder bei einer Immobilie, die sich in Zwangsverwaltung befindet. Das Notaranderkonto führt zu höheren Gebühren und ist damit meistens teurer als eine Zahlungsabsicherung durch eine Bankbürgschaft. Die Kosten trägt dabei im Regelfall der Käufer. Wie so oft können die Parteien aber auch hier eine andere Regelung im Kaufvertrag treffen und sich beispielsweise die Gebühren teilen.

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