Im Fokus: Rixdorf

Der Richardplatz in Neukölln lag lange Zeit verschlafen und etwas versteckt im zentralen Neukölln. Das Interesse an den Kreuzköllner Lagen am Landwehrkanal und am Schillerkiez war größer. Das pittoreske Quartier rund um den ebenso hübschen Richarplatz ist trotzdem nicht erst seit neuestem beliebt. 

von Peter Guthmann Veröffentlicht am:

Ein böhmisches Dorf in Neukölln

Der Richardplatz ist tief in der böhmischen Kultur verwurzelt. Viele Straßennamen zeugen von der Geschichte des Quartiers. Schon ab 1737 siedelten sich Flüchtlinge aus Böhmen, die in ihrer Heimat als Protestanten verfolgt wurden, in Rixdorf an. Einer der ältesten Zeitzeugen ist der kleine Friedhof ("Gottesacker") am Karl-Marx-Platz datieren. Der dörfliche Charakter von Böhmisch-Rixdorf zeigt sich vor allem hinter der Kirchgasse, wo die Häuser noch ihre alte Funktion als Gehöfte ausstrahlen. Die Gebäude sind nicht mehr original; sie mussten nach einem Großbrand im Jahr 1849 wiederhergestellt werden. 

Rixdorf heute

Der mit U- und S-Bahn gut angebundene Kiez gehört zum LOR (lebensweltlich orientierter Raum) Rixdorf, mit etwa 24.500 Einwohnern (Ende 2017). Da Rixdorf über das direkt Umfeld vom Richardplatz hinausgeht, liegt die Einwohnerzahl des eigentlichen Kiezes bei etwa 14.000 Personen. Unsere Betrachtungen beziehen sich auf das LOR Rixdorf. Rixdorf verdankt seine Beliebtheit auch seinem historischem Erbe. Gleichzeitig liegt das Quartier inmitten von Neukölln und spiegelt zumindest teilweise die für den Bezirk typischen Probleme und Herausforderungen. Es handelt sich um ein hochverdichtetes Wohngebiet, durchmischt von kleinem Gewerbe. Die überwiegende Bebauung stammt aus der Gründerzeit, punktuell sind Neubauten aus 1950er und 1960er Jahre vorhanden. Trotz des ländlich-idyllisch wirkenden Charakters ist das Angebot an Grün- und Freiflächen eher gering. Mit der Richard-Grundschule hat der Kiez eine eigene, gebundene Ganztagsschule, mit knapp unter 450 Schülern. 

Herausforderungen

Bedingt durch die seit Jahren andauernden Arbeiten entlang der Karl-Marx-Straße ist der Durchgangsverkehr im Quartier erheblich gestiegen. Mit ersten verkehrsberuhigenden Maßnahmen versucht der Bezirk aktuell gegenzusteuern. Kritisch sehen Anwohner die sich verschärfende Müllproblematik im Kiez. Zunehmende illegale Müllablagerungen und das insgesamt niederschwellige Bewusstsein für die Sauberkeit in den Straßen begleitet die öffentliche Diskussion und Wahrnehmung im Kiez. 

Druck auf dem Wohnungsmarkt

Die statistisch fortgeschriebene Haushaltsgröße in Rixdorf liegt dem Amt für Statistik zufolge bei 1,64 Personen und ergibt sich aus dem Verhältnis von Einwohnern / Haushalten. Rechnet man die Einwohnerzahl von 24.460 Personen indes gegen die Anzahl der Wohnungen in Höhe von 11.540 ergibt sich eine tatsächliche rechnerische Größe von ca. 2,11 Personen pro Haushalt. Letztere Größe ist plausibel, da im Normalfall von einem 1:1 Verhältnis zwischen Wohnungen und Haushalten ausgegangen wird. Für Rixdorf ergibt sich damit ein Defizit von 14.885 Haushalten abzüglich 11.540 Wohnungen, also 3.345 Einheiten, die theoretisch benötigt werden. 

Bevölkerung

Von der Bevölkerung in Rixdorf lebt in etwa ein Drittel bereits länger als 10 Jahre in der gleichen Wohnung. Etwa 350 Wohnungen befinden sich (Stand 2011) im Eigentum von kommunalen Wohnungsunternehmen, weitere etwa 720 Einheiten in genossenschaftlichen Händen und etwa 1.400 Wohnungen im Eigentum von WEGs (Wohnungseigentümergemeinschaften) (Quelle: Grobscreening Neukölln, 12.12.2018, LPG). Dies bedeutet auch, dass der große Anteil der Wohnungen in Rixdorf sich in privaten Händen und/oder Unternehmen der freien Wohnungswirtschaft befinden. Bei etwa 15 Prozent des Wohnungsbestandes handelt es sich um Einheiten mit unter 40 m² Wohnfläche. Etwa 3.450 Wohnungen sind Ein- und Zweizimmer-Einheiten. Die Quote der von Eigentümern selbst genutzter Wohnungen lag in Rixdorf im Jahr 2011 mit unter 3 Prozent sehr niedrig, wobei die Zahlen (Mikrozensus 2011) sich durch Neubauprojekte und Aufteilungen zwischenzeitlich erhöht haben. 

Milieuschutz

In Rixdorf ist am 27.07.2017 eine Erhaltungsatzung erlassen worden. Der Kern des Milieuschutzgebietes ist der historische Richardplatz. Die Grenze der Fläche umfasst die Straßenzüge zwischen Sonnenallee, Saalestraße, Karl-Marx-Straße und Erkstraße. Die genaue Gebietsgrenze entnehmen Sie aus unserer Milieuschutzkarte.

Wanderungen in Rixdorf

Die zunehmende Beliebtheit der Quartiere in Rixdorf wird von Zuzügen getragen. Wie sich Rixdorf im Außen- und Binnenverhältnis hinsichtlich der Migrationsbewegungen verhält, sehen Sie in der Grafik.

Mieten in Rixdorf

Im Markt für Bestands-Mietwohnungen in Neukölln dominieren über den gesamten Bezirk betrachtet das mittlere und untere Mietpreissegment. Im aktuellen Zeitraum beträgt die durchschnittliche nachgefragte Angebotsmiete bei Neuvermietungen im zentralen Neukölln 10,95 EUR/m². Rixdorf liegt in etwa in diesem Bereich. In 36 Monaten haben sich die Mieten um -8,60 % entwickelt, in 24 Monaten um -0,10 %und im Jahresvergleich um -3,60 %. Trotz einiger Projekte wurden nur wenig Objekte aus dem Neubausegment in die Vermietung gegeben. Die meisten Einheiten gehen in Wohneigentum, welcher in Rixdorf nach wie vor nur schwach ausgesprägt ist. Die aktuelle Medianmiete (Angebot) beträgt für Neubauten 23,75 EUR/m²

Kaufpreise in Rixdorf

Wir werten hier den zentralen Bereich Neukölln aus, zu dem auch benachbarte Quartiere zählen. Je nach Mikrolage weichen die Preise in Rixdorf teilweise nicht unerheblich von den hier angegebenen Preisen nach oben ab. Etwa 1.170 Bestandswohnungen wurden im zentralen Neukölln angeboten. Der Median Angebotspreis liegt bei ca. 5.300 EUR/m². Am Richardplatz, in der Richardstraße und und in den nahe gelegenen Straßenzügen, muss mit einem Aufschlag von etwa 15 Prozent gerechnet werden. Der Richardplatz selbst entwickelt sich zur teuersten Lage in Neukölln. Für Neubauprojekte werden Median-Listenpreise von ca. 8.800 EUR/m² aufgerufen. 

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